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Über Marcuse und die Linken

Ein Gastbeitrag von Christian Singer

Cancel Culture, Identitätspolitik und Wokeness sind in aller Munde. Der Trend scheint über die letzten Jahre aus den USA rübergeschwappt zu sein. Doch die gefährlichen intellektuellen Grundsteine wurden schon viel früher gelegt. Schon 1965 forderte Herbert Marcuse, einer der wichtigsten Vordenker der linken Bewegungen, die heute auf deutschen Campussen für ein Klima der Intoleranz und Furcht sorgen, „Intoleranz gegenüber Bewegungen von rechts und Duldung von Bewegungen von links”.

Einschränkung der Meinungsfreiheit.
Laut Marcuse bedarf es einer „edukativen Diktatur”, in der nur „rationale” Menschen am demokratischen Prozess teilhaben dürfen. Natürlich gelten als rational aber nur solche Menschen, die seine Überzeugungen teilen – und genau dieses Gedankenmuster spiegelt sich auch bei den linken Bewegungen im universitären Umfeld wider, für die eine andere Meinung nur dann frei äußerbar ist, wenn sie mit den eigenen Überzeugungen vereinbar ist.

Cancel Culture.
Gegenüber allen anderen Meinungen wird gezeigt, was Marcuse predigte: „Intoleranz auch gegenüber dem Denken, der Meinung und dem Wort”. So lässt sich z.B die Doktrin des Cancelns auf seinen Essay zurückführen, denn da in seinen Augen die Welt ständig am Rande des Abdriftens in den Faschismus steht und der „Marktplatz der Ideen” keinen fairen Wettbewerb zulässt, bedarf es zur „Pazifizierung den Entzug von Toleranz bevor der Tat, zum Zeitpunkt der Kommunikation in Wort, Schrift oder Bild”.

Identitätspolitik.
Auch die Vereinnahmung vermeintlich marginalisierter Gruppen, wie z.B Menschen mit Migrationshintergrund, ist Teil der Ideologie der Erben von Marcuse. So stellt für Marcuse die schwarze Bevölkerung in den „Ghettos” neben den militanten Linken auf den Campussen den zweiten Pfeiler der von ihm erdachten, revolutionären Bewegung gegen die bestehende Gesellschaftsordnung und „Machtstrukturen” dar.

Eine neue, bessere Gesellschaft durch linke Intellektuelle.
In seinen Augen bedarf es der ersten Gruppe, der linken Intellektuellen, die zu den wenigen „rational” denkenden Menschen gehören, um die Strukturen einer neuen und „besseren” Gesellschaftsordnung zu erdenken. Der marginalisierten, bzw. unterdrückten Gruppe bedarf es wiederum, um als eine Art Ersatzproletariat die kritische Masse für die von ihm ersehnte Revolution bereitzustellen.

Individualismus statt Kollektivismus.
Die Vorstellung vieler Linker von Toleranz und sozialer Gerechtigkeit führt unweigerlich in eine Situation der Knechtschaft, in der Meinungsäußerung nur dann frei ist, wenn sie ideologiekonform ist. Menschen werden nicht mehr als Individuen gesehen, sondern aufgrund ihrer sozialen Situation, Hautfarbe, Religion oder dergleichen in vorgefertigte Identitäten gezwängt. Für Liberale hingegen ist klar: In einer freien Gesellschaft genießt das Individuum den höchsten Stellenwert.